Früher hatte der Viez eine größere Bedeutung als heute. Viez hatte wegen seines niedrigen Preises und Ermangelung anderer alkoholischer Getränke sowie der Einfachheit der Herstellung und der Haltbarkeit einen -vornehmlich bei der ärmeren Bevölkerung- sehr hohen Stellenwert. Der Viez durfte zu jener Zeit bei keiner Feier fehlen und er wurde auch sehr gerne bei der Feldarbeit als Teil des Proviants verwendet. Viez war immer das Getränk der Bauern in der Region, die keinen Wein anbauen und sich auch keinen Weintrunk leisten konnten; Viez war der Stellvertreter. Der Name Viez soll daher kommen, dass die Römer das Getränk auch "vice" - "an Stelle von" nannten. Aber das ist nicht historisch belegt.
Der »Viezhumpen« ist im moselfränkischen Raum das kulturell korrekte Trinkgefäß für den Viez. Die traditionelle Größe fasste 0,5 bis 1 Liter Inhalt. Der Humpen bestand in früherer Zeit aus Steingut, eventuell noch mit blauer Glasurbemalung versehen. Seit etwa einem halben Jahrhundert hat sich eine Form aus hochwertigem weißem Porzellan mit 0,4 Liter Inhalt, der »Viezporz«, etabliert. Der Vorteil der Humpen und der Porz ist das Steingut bzw. die Keramik. Darin bleibt der Viez schön kühl.
Die traditionelle Art der Herstellung wurde früher von den Bauern angewandt. Die Mengen, die jährlich von den einzelnen Bauern gekeltert und zu Viez/Apfelwein weiterverarbeitet wurden, waren regelmäßig nicht übermäßig groß, die Mengen blieben letztlich immer überschaubar. Die arbeitsaufwändige traditionelle Herstellungsart wird nur noch zur Kleinherstellung von Selbstkelterern verwendet. Sie wird aber immer noch gepflegt.
Arbeitsgänge | Anmerkungen |
Äpfel ernten | Die Äpfel wurden in Handlese in Körben gesammelt und in Säcke zum Abtransport abgefüllt. Sortenrein wurde nicht gekeltert. Verschiedene Apfelsorten durften gemischt werden und dies geschah auch. Dies garantierte einen guten Geschmack, der weder zu süß noch zu sauer/herb sein sollte. Die Erfahrungen eines versierten Kelterers beim Zusammenstellen der Apfelsorten und der jeweiligen Mengen waren hier entscheidend. Teilweise wurden auch noch Birnen hinzugemischt. Man musste ja die Äpfel und Birnen nehmen, die auch vorhanden waren. |
waschen / verlesen | Sauberkeit war höchstes Gebot während der gesamten Herstellung. Die Äpfel sollten aber erst direkt vor der Verarbeitung gewaschen, angefaulte Äpfel mussten sorgfältig aussortiert werden. |
zerkleinern | Um die Äpfel auszupressen braucht man eine Obstmühle und eine Kelter. |
pressen | Die zermahlenen Äpfel kamen dann in die Kelter oder Weinpresse. Die gewonnene Maische wurde abgepresst und der Saft lief in den Auffangbehälter. Später wurde der Most durch ein Sieb in das (Gär-)Fass gefüllt. |
Einfüllen des Mostes in Gärbehälter | Die Gärbehälter -Holzfässer- sorgfältig reinigen und vorbereiten war schon vor dem Ernten der Äpfel selbstverständliche Pflicht. Der Gärbehälter für die Produktion von eigenem Apfelwein wurde rechtzeitig vor der Befüllung vorbereitet und auch gesäubert. Dies erfolgte mit klarem Wasser und nicht tropfenden Schwefelstäbchen zur Desinfektion. |
Vergärung | Beim Gärprozess muss man zwischen der traditionellen Art und der heutigen professionelleren, an der Weinherstellung orientierten Art unterscheiden. Hier soll auf den traditionellen Gärprozess eingegangen werden, so wie ihn in der Vergangenheit auch die Bauern umgesetzt haben. Beim traditionellen Gärprozess wird der Apfelsaft (Süssmost) in ein geeignetes Gärgefäß -dies war traditionell ein Holzfass- gefüllt. Das Holzfass war für den Gärprozess geeignet. Hierfür war oben an dem Gefäß eine Öffnung vorhanden, auf die ein Gärröhrchen oder ein Gärtopf gesetzt werden konnte. Das Viezfass wurde im -meist leicht feuchten- Keller aufbewahrt. Es musste dabei immer vollständig mit süßem Most gefüllt sein. Ein paar Liter musste man deshalb auf jeden Fall zum Nachfüllen aufheben. Der Saft zum Nachfüllen wurde abgekocht, damit er haltbar wurde. Wenn der Most gärte, kam etwas Schaum aus dem Fass, der weggewischt werden musste. Der dann fehlende Saft musste immer wieder nachgefüllt werden. Wenn kein Schaum mehr entstand, war die Phase der stürmischen Gärung vorüber. Das Gärgefäß (Viezfass) wurde nun wieder vollgefüllt und mit einer Gärglocke oder einem Gärröhrchen verschlossen. Der Saft vergärte und blieb nun bei einer Temperatur von ca. 14 Grad Celsius im Keller lagern. Nach 6 bis 12 Wochen war der Apfelwein durchgegoren und fertig. Als Gärgasunfall bezeichnet man Unfälle, bei denen Menschen in den Bereich von Gärgasen kommen und durch Sauerstoffmangel zu Schaden kommen. Die Gefahr besteht darin, dass Menschen beim Betreten von Räumen mit erhöhter Kohlenstoffdioxidkonzentration zuerst leicht „berauscht“ sind, aber möglicherweise innerhalb kürzester Zeit bewusstlos zusammenbrechen und daher mit den Atemorganen noch mehr in den Gärgassee (in Bodennähe ist die Kohlenstoffdioxidkonzentration höher) kommen, so dass diese Wirkung noch verstärkt wird. Gärgase sind Luftmischungen, die bei Gärprozessen entstehen. Bei diesen Gasen ist der Kohlenstoffdioxidanteil höher als normal (0,03 %). Dieses Kohlenstoffdioxid (CO2) entsteht bei der alkoholischen Vergärung von Maischen, Most oder Futtermitteln. Gärgase sind schwerer als Luft und bilden so genannte Gärgasseen am Boden, sie treten vor allem in Viez-/Weinkellern oder in Silos auf. Diese Lokalitäten haben oft nicht die notwendigen Belüftungseinrichtungen, so dass sich das Gas am Boden sammeln kann und sich ein langsam ansteigender See bildet. Die Hauptgefahr besteht darin, dass Gärgase geruchlos sind und ohne Hilfsmittel nicht wahrgenommen werden können. Der allgemeine Gärgeruch (beispielsweise in Viez-/Weinkellern) erlaubt also keinen Rückschluss auf den Gehalt von Kohlenstoffdioxid. |
Abstich / Abziehen | Wenn der Apfelwein fertig vergoren ist, haben sich alle Hefen am Boden des Gärgefässes abgesetzt. |
Lagerung | Viez wurde kühl und dunkel, aber nicht über Jahre gelagert. Traditionell galt: Wenn die Äpfel im Herbst reif werden, ist es höchste Zeit, die Fässer des Vorjahres zu leeren und für die neue Ernte vorzubereiten. |